Als die jüngste von drei Töchtern in einer westpfälzischen
Kleinstadt geboren wird, lässt ihr zutiefst enttäuschter Vater sie
als “Martin” ins Register eintragen.
So sehr es ihm
verhasst sein wird, den Gang zum Standesamt zu machen, um den Namen
in Martina ändern zu lassen, so hartherzig und brutal wird sein
Verhältnis zu seiner jüngsten Tochter sein. Als Strafe dafür, dass
sie nicht der sehnlichst gewünschte Sohn geworden ist.
Die Nichte dieser
Martina, erzählt die Geschichte von ihrer Tante “Martl”. Wir
erfahren vom Leben einer Frau, die unter schweren Bedingungen ihren
Weg durch das Nachkriegs- und Wirtschaftswunder Deutschland geht..
Studieren darf sie nicht, das ist ihrer schillernd schönen und
klugen Schwester Rosa, die auch Vaters Liebling ist, vorbehalten.
Sie wird Volksschullehrerin und behält ihre Träume (meistens) für sich. Aber nicht so ihre Meinung! Die sagt sie immer klar und deutlich.
Bei aller Unabhängigkeit lässt sie der Vergleich mit ihrer Schwester Rosa ihr ganzes Leben lang nicht los. Die Schwester, die zärtlich geliebt und immer bevorzugt wurde.
Die schöne, kluge
Rosa ist wehleidig, empfindlich, zuckersüchtig, faul, verwöhnt und
kränklich.
Sie dagegen unprätentios, patent, stark und gesund. Kaum ein gemeinsames Essen von Tante und Nichte vergeht bei der Martl nicht von der Genusssucht der Schwester spricht: “Des is was ich a redlich Mahlzeit nenn: a Scheib Schwarbrot mit gut Butter drauf. Des is was für anständische Leut. Und die, wo sisch vom Nachzeusch ernähre, di sin grad zu faul zum Kaue und halte sich fir was Besseres”
Die
zugefügten Ungerechtigkeiten in ihrer Kindheit, die Lieblosigkeit
und die Schläge des Vaters sind der Motor für die nie enden
wollenden Tiraden über die Schwester. Und das Ventil für all das
Unglück, das das kleine Mädchen erfahren hat.
Später
dann, ist es ausgerechnet Martl, die ihren Vater lange Jahre pflegt.
“Tante
Martl” ist ein warmherziges, kluges Buch mit einer starken,
gewitzen Protagonistin, von Ursula März mit viel Humor und Empathie
erzählt.
(Buchtipp aus unserem Literarischen Adventskalender 2020)
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