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Das ferne Feuer

Amy Waldman -Übersetzt von Brigitte Walitzek

„Das Ferne Feuer“ hat mich tief berührt. Es stellt vieles in Frage, was oft als einzige Option dargestellt wird. Handlungen haben Konsequenzen. Aber nicht nur Parvin hat Probleme damit, diese abzusehen. Die Antworten, falls es welche gibt, müssen die Leser selbst finden.

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Autor
Amy Waldman -Übersetzt von Brigitte Walitzek
Seiten
496
Verlag
Schöffling & Co.
Veröffentlicht
2. Februar 2021
€ 26,-

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Ursula
Lewis

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Amy Waldman ist eine US-amerikanische Journalistin und Autorin. Sie leitete das Südasien-Büro der New York Times und arbeitete als Korrespondentin für The Atlantic. Amy Waldman wurde 1969 geboren und lebt mit ihrer Familie in Brooklyn.

„Das Ferne Feuer“ ist nach „Der Amerikanische Architekt“ ihr zweiter Roman, und beide Bücher haben mich gleichermaßen begeistert. In „Der Amerikanische Architekt“ geht sie der Frage nach, ob ein muslimischer Architekt die Gedenkstätte für 09/11 entwerfen darf. Natürlich gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort. Und der Roman ist unbedingt lesenswert!

Einfache Antworten gibt es auch in ihrem Roman, „Das Ferne Feuer“, nicht. Parvin ist eine junge amerikanische Studentin, deren Eltern Afghanistan verlassen haben, als sie noch ein Baby war. Das Buch eines amerikanischen Arztes, Mutter Afghanistan, beschreibt das Elend afghanischer Frauen vor allem in den ländlichen Gebieten. Der Tod einer Frau und ihres Babys bei dessen Geburt überzeugt diesen Arzt, dass er unbedingt helfen müsse, indem er eine Frauenklinik in das Dorf dieser Frau baut. In starken Bildern malt Gideon Crane, oder Dr. Gideon wie er in Afghanistan genannt wird, seine Rolle beim Bau und Betrieb des Krankenhauses. Er beschreibt die Bewohner des Dorfes, den örtlichen Taliban, die Unwissenheit und religiöse Verblendung der Menschen. Das Buch ist in den USA ein Bestseller, die amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan benutzen es als Lehrwerk für ihren Umgang mit der Zivilbevölkerung. Als Parvin Gideon Crane bei einer Lesung erlebt, ist sie total fasziniert und beschließt auf der Stelle, seine Hilfsmission in Afghanistan zu unterstützen. Nach einigen Schwierigkeiten schafft sie es auch, in das besagte Dorf zu kommen, sie sieht die Klinik, die perfekte Ausstattung – und die komplette Leere.

Parvin bleibt viele Monate in diesem Dorf. Sie lernt mit der Zeit die Menschen kennen und vor allem sieht sie allmählich, und widerstrebend, die Wahrheit hinter dem Buch. Von dem gibt es ein einziges Exemplar, das aber keiner lesen kann, denn es ist in Englisch geschrieben. Bei dem Versuch, den Frauen Passagen zu übersetzen, merkt Parvin, dass Buch und Realität weit auseinander klaffen. Sie muss auch ihre eigene Motivation zu helfen hinterfragen. Möchte sie wirklich nur den Menschen helfen, oder sieht sie sich selbst als strahlende Heldin, möchte sie sich selbst als guten Menschen bestätigt sehen, ihrem Leben Ziel und Inhalt geben? Sie muss akzeptieren, dass ihre Handlungen Konsequenzen haben, die sie nicht vorhersehen konnte und oft auch nicht wollte.

Amy Waldman wirft in ihrem Roman viele Fragen auf. Es gibt nicht nur eine Realität, sondern viele verschiedene Sichtweisen. Besonders, wenn so unterschiedliche Kulturen wie die amerikanische und die afghanische auf einander treffen. Parvin steht für beide Welten, zwischen denen sie vermitteln möchte. Doch sie muss erkennen, dass sie zwar für beide Welten steht, aber zu keiner wirklich gehört. Am Ende spürt sie das Misstrauen von beiden Seiten.

Auf alle Fälle gibt das Buch viele Denkanstöße. Und ich wünsche ihm viele, viele Leser, die sich auf diese Reise in ein abgelegenes Dorf in Afghanistan einlassen.

Ursula
Lewis

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