Gaito
Gasdanow ist ein russischer Schriftsteller, 1903 in Sankt Petersburg
geboren, 1971 in München gestorben. Als junger Mann kämpfte er mit
der Weißen Armee im russischen Bürgerkrieg gegen die Rote Armee.
Auf Umwegen erreichte er 1923 Paris, wo er viele Jahre seines Exils
verbrachte.
Die Fertigstellung von „Nächtliche Wege“ ist auf den 11. August 1941 datiert.
Vieles in diesem Roman ist autobiografisch geprägt. Viele der Figuren sind historischen Personen zu zuordnen. Genauso wie der Ich-Erzähler hat Gasdanow unter anderem als Nacht-Taxifahrer gearbeitet.
Er erzählt von den flüchtigen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen. Von gut situierten Nachtschwärmern, die einen Abend in den Bars und Casinos verbracht haben, bis zu zwielichtigen Gestalten der Halbwelt, Prostituierten und Ganoven, alle nimmt er in seinem Taxi mit. Und weil die Begegnung mit dem Taxifahrer flüchtig und ohne Konsequenzen für die Passagiere ist, sieht er die Menschen so wie sie wirklich sind. Er verurteilt sie nicht, er beobachtet, nimmt wahr. Und beschreibt. Vieles bleibt episodenhaft, manche Schicksale sind tragisch, andere völlig absurd.
Es gibt aber auch Menschen, mit denen ihn dauerhafte Beziehungen verbinden. Deren Geschichten ziehen sich wie ein roter Faden durch den gesamten Roman. Da ist die ehemalige Edel-Prostituierte Raldy, die früher von Männern in höchsten Ämtern hofiert wurde, Fedortschenko, der an seiner Reflexion über den Sinn des Lebens scheitert, der Clochard Platon, mit dem der Ich-Erzähler oft und gern philosophiert.
„Nächtliche Wege“ ist ein Kosmos an Menschen im Exil, Menschen, die ihr Leben meistern und anderen, die an ihrer Existenz scheitern. Die großartige Sprache macht die Lektüre zum Genuss, am liebsten hätte ich mir viele, viele Sätze aufgeschrieben. Aber dann habe ich doch einfach nur weiter gelesen. Mit dem bestimmten Vorsatz, den Roman auf Fälle noch ein zweites Mal zu lesen.
Dtv, € 10,90/Hanser, € 23,00
(Buchtipp aus unserem Literarischen Adventskalender 2020)
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