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Endstation

Wolfgang Kaes

Ich bin ja eine große Krimi-Liebhaberin und da liebe ich vor allem jene Autoren, die mich immer wieder auf falsche Spuren führen und vor allem, am Ende überraschen. Ein Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte, das mich innerhalb des Haushalts und darüber hinaus überall mit begleitet hat, ist Endstation von Wolfgang Kaes.

Kaes
Autor
Wolfgang Kaes
Seiten
432
Verlag
Rowohlt Taschenbuch
Veröffentlicht
März 2021
€ 12

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Ulrike
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Kaes arbeitet seit vielen Jahren als Chefreporter des General-Anzeigers in Bonn. Er hat den Henri-Nannen-Preis für Investigative Recherche erhalten und wurde vom Medium Magazin zum „Reporter des Jahres“ gewählt. Es liegt auf der Hand, dass die journalistische Arbeit in seine Romanautoren-Tätigkeit hineinspielt.

In Endstation geht es um Jonas Barthold, einen 19-Jährigen, der im dritten Semester Jura in Köln studiert und das Stipendium für die Sorbonne in der Tasche hat. Mit Freunden besucht Jonas eine Diskothek. Zwei Wochen später wird er tot aus dem Rhein geborgen.

Hauptfigur in „Endstation“ ist Thomas Mohr, Kriminalhauptkommissar, Ex-Leiter der Zielfahndung beim Landeskriminalamt Düsseldorf. Man hat ihn abgeschoben, in die neu geschaffene Ein-Mann-Dienststelle für unaufgeklärte Altfälle. Mohr ist ein Typ mit Ecken und Kanten, ein bedachtsamer Ermittler, in dem freilich der Gerechtigkeits-Fanatiker auch schon mal übergriffig werden kann, ein eher beziehungsscheuer einsamer Jäger, dem gleichwohl die Polizeipsychologin keineswegs gleichgültig ist.

Auf Mohrs Schreibtisch landet der Fall Jonas Barthold. Mohr kämpft sich durch die Akten, stößt auf Ungereimtheiten und Merkwürdigkeiten – und ermittelt auf eigene Faust. Mit Mohr schaut man auf ein eher düsteres Bild deutscher Wirklichkeit, blickt in ein System, in dem Rockerbanden und Familienclans das Sagen haben, in dem organisierte Kriminalität sich unaufhaltsam breitmacht. In eine Disco-Szene, in der Drogenhandel und Anwerbung zur Prostitution zum Alltag gehören, in eine Parallelwelt, vor der die sogenannte Staatsgewalt zu kapitulieren scheint.

Jenseits dieses beklemmenden Über-Themas ist „Endstation“ auch und vor allem ein Kriminalroman über polizeiliche Ermittlungsarbeit, ein Lehrstück darüber, wie saubere und präzise Recherche aussehen könnte. Wolfgang Kaes geht dabei mit seinem Hauptkommissar Mohr akribisch vor, er verzichtet auf literarische Effekthascherei, aus lauter kleinen Schritten entwickelt sich ein großer Spannungsbogen. Der Autor versteht sich darauf, Mini-Dramen ins Romangeschehen zu bauen, vieles ist in seiner Knappheit und Genauigkeit, in seiner Direktheit der Dialoge, in seiner atmosphärischen Dichte geradezu filmisch gedacht. Wobei in der Sprache immer eines mitschwingt: Empathie für die Opfer. Und ein Opfer ist nicht nur der 19-jährige Student, Opfer sind auch seine Eltern, die in ihren verzweifelten Versuchen, Klarheit über den Tod ihres Sohnes zu bekommen, wie lästige Bittsteller behandelt werden.

Der Romantitel „Endstation“ ist vieldeutig. Er steht für jene vermeintliche berufliche Endstation, auf der man den unbequemen Ermittler abgestellt hat, aber auch für die Straßenbahn-Endstation in Disco-Nähe, in deren Umfeld sich ein tödliches Geschehen abgespielt hat.


Ulrike
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