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Wir bleiben nicht lange

Marjaleena Lembcke

Als ich das Jugendbuch „Als die Steine noch Vögel waren“ von der finnisch-deutschen Schriftstellerin Marjaleena Lembcke zum ersten Mal las, war ich sofort von ihrem Stil beeindruckt.

Lembcke
Autor
Marjaleena Lembcke
Seiten
192
Verlag
Nagel & Kimche
Veröffentlicht
2016

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Mareike
Schneider

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Ihre klare nordische Sprache hat mich so fasziniert, dass ich schlichtweg alles von ihr lesen musste, was auf dem deutschen Buchmarkt zu finden war. Sie schreibt immer autobiographisch und verwebt finnische Sagen mit ihrer eigenen Lebensgeschichte.

Ihre Kindheit verbrachte sie hoch im finnischen Norden und als die Mutter sich das Leben nimmt, verliert sie den Halt und geht als junge Erwachsene der Liebe wegen nach Deutschland. Hier bleibt sie, hier findet sie nach langen Jahren der sprachlichen und seelischen Heimatlosigkeit ein Zuhause in der Nähe von Münster.

Lange kann sie, die niemals über ihr Innerstes reden konnte aber schon immer alles aufschrieb, nicht mehr schreiben. Ihr fehlen die Wörter. Weder ihre Muttersprache Finnisch noch ihre Wahlsprache Deutsch liefert ihr die Inspiration, die ihr so sehr fehlt. Sie wird depressiv, flüchtet in den Alkohol und eines Tages, nach einer Therapie findet sie die verlorenen Worte wieder. Sie schreibt sich alles von der Seele. Jedes Buch wird so ein Dokument ihres Lebens.

Sie schreibt sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene. Nun liegt ein neuer Roman vor mit dem verheißungsvollen Titel „Wir bleiben nicht lange“.

Wieder verarbeitet sie das Schicksal eines Familienmitglieds, diesmal die Krebserkrankung ihrer Schwester Sisko.

Diese liegt in London in einer Spezialklinik für austherapierte Krebspatienten. Täglich rechnet sie mit dem Tod. Sie bittet ihre große Schwester, bei ihr zu sein, ihr ihren letzten Wunsch zu erfüllen, nicht alleine zu sein, wenn sie ein „Engel“ wird.

Nun ist Sisko keine weinerliche, betrübte Frau, die Angst vor dem Sterben hat, sondern eine vom Schicksal geforderte, vom Leben oft enttäuschte, toughe Sterbende. Sie hat immer einen kessen Spruch auf den schmalen, viel zu dick geschminkten Lippen und sowieso immer eine Kippe im Mundwinkel und den Wodka zur Stelle. Warum sollte sie sich jetzt noch ihre lebenslangen Laster abgewöhnen …?!

So trifft man diese so ungleichen Schwestern, die sich immer auf dem schmalen Grat zwischen Galgenhumor und Geschmacklosigkeit bewegen.

Auszughaft beschreibt Marjaleena Lembcke Kindheitserinnerungen. Die Schwestern versuchen nach all den Jahren den Selbstmord der Mutter zu verstehen und sind sich einig, wenn es um das Gefühl des „im Stich gelassen seins“ geht.

Sisko weiß, was ihr blüht und Sisko hadert nicht. Im Gegenteil, sie plant akribisch ihren Abgang. Sie überlegt sich, was ihre Tochter bei der Beerdigung tragen soll, sie dirigiert, was mit ihrer finnischen Sauna passieren soll. Sie zitiert all ihre Männer ans Totenbett, um sich anständig zu verabschieden. Sie streitet mit ihrer großen Schwester über Nichtigkeiten und für diese fühlt es sich manchmal so an, als sei das traurige Ende gar nicht wahr. So lebendig begegnet ihr ihre kleine Schwester.

Doch abends im Gästehaus des Krankenhauses brechen dann die Dämme. Sie ist nun nicht mehr stark und tapfer, nein sie weint und ist traurig und verzweifelt ob ihrer Hilflosigkeit. Sie bewundert Sisko für ihre Stärke und zerbricht an ihrer eigenen Ohnmacht.

Siskos Geschichte ist facettenreich, zutiefst berührend, manchmal komisch aber niemals langweilig. Mich hat ihr Schicksal sehr berührt und inspiriert, das Leben so zu nehmen, wie es kommt.

Der Titel ist nur noch antiquarisch erhältlich. Und mittlerweile als e-pub



Mareike
Schneider

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